Glaubst du an Engel?

Glaubst Du an Engel? An diese Gottesboten – mit Flügeln und Heiligenschein? An diese Himmelswesen aus lauter Licht? Glaubst Du an Engel?

Glaubst du an Engel?

Ich ehrlich gesagt nicht.
Also nicht an jene mit Flügeln und Heiligenschein.
Aber an Engel glaube ich schon – seit ich dieses Mädchen traf.
Das kam so:

Zwei Jahre war Rosa meine Schülerin im evangelischen Religionsunterricht an der Grundschule.
Ein blondes Mädchen. Etwas verträumt. Immer mit einem Lächeln auf den Lippen.
An ihrem letzten Schultag machte sie mir zum Abschied ein Geschenk. Sie schenkte mir einen kleinen Engel aus Filz – mit Flügeln und aufgemaltem Heiligenschein. Und sie sagte mir: ›Der soll auf Dich aufpassen und Dich trösten, wenn Du traurig bist. Und Dich froh machen, wenn Du Angst hast.‹
Seither hängt der Engel in meinem Büro an der Pinnwand.
Was soll ich sagen?
Er tröstet mich und macht mich froh.
Es ist nicht unbedingt der Filzengel, der das tut, es ist vielmehr die Erinnerung an Rosa.
Die Erinnerung an ihre blonden Haare, ihren verträumten Blick, ihr Lächeln, ihre Worte zum Abschied.
Ich glaube, Rosa war und ist mir ein Engel.

Manchmal tröstet mich dieser Engel.
Schenkt mir Kraft. Macht mir Mut. Nimmt mir Angst.
Sowas tun Engel.
Davon erzählt die Bibel immer wieder.

II.
Zum Beispiel im Alten Testament.
Als der Prophet Elia erschöpft zusammenbrach und nichts mehr hören und sehen wollte, schickte Gott einen Engel, der ihm zu essen und zu trinken gab, ihn schlafen ließ, ihm neue Kraft verlieh. (1. Könige 19)

Als die Hirten vor den Toren Bethlehems plötzlich von dem himmlischen Licht der Engel umfangen wurden, waren sie voller Angst. Und der Engel rief ihnen zu: »Fürchtet euch nicht! […] Denn euch ist heute der Heiland geboren.« (Lukas 2,10.11) Und sie sahen wenig später Gott selbst – als wehrlosen Säugling in der Krippe liegen. Ihren Retter und Erlöser.

Und als die Frauen am ersten Ostermorgen den Leichnam Jesu suchten, aber dann ein leeres Grab vorfanden, hörten sie nur die Worte eines Engels: »Fürchtet euch nicht!«  (Matthäus 28,5)
Jesus lebt! Und Ihr sollt auch leben!

Engel trösten. Schenken Kraft. Machen Mut. Nehmen Angst.
Daran glaube ich.

III.
Im Moment reicht ein Engel nicht.
Nicht mein Filzengel und auch kein einzelner mit Flügeln und Heiligenschein.
In diesen Tagen, in denen ein Virus Menschenleben bedroht, uns unsere Freiheiten nimmt, unser Leben infrage stellt, uns Angst macht, in diesen Tagen brauchen wir schon ein paar mehr Engel.
Die Fülle der himmlischen Heerscharen!
Wie damals, als Jesus geboren wurde.
Ja, himmlische Heerscharen brauchen wir in diesen Tagen, die uns trösten, Kraft schenken, Mut machen, Angst nehmen.

IV.

Der Beter des 91. Psalms sagt, dass Gott seinen Engeln befohlen hat, uns zu behüten auf allen unseren Wegen.
Ich glaube: Genau das tun sie gerade!
Und ich kann sie sehen, hören, lesen, spüren.

In den Nachrichten sehe ich, wie sich Professorinnen, Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger Tag und Nacht um die vielen Kranken sorgen.
Gestern hörte ich von 13 Pflegerinnen und Pflegern in Nordrhein-Westfalen, die auf eigene Initiative mit Matratzen und Notgepäck in eine Wohngemeinschaft mit 23 Demenzkranken zogen. Sie verzichten auf ihr eigenes Leben und gehen freiwillig in die Isolation, um den Alten und Kranken in den kommenden Wochen helfen zu können – ohne sie zu gefährden.

Ich lese dutzende Meldungen über Initiativen.
Menschen versorgen Infizierte mit Medizin und Einkäufen.
Kinder malen Bilder und schicken sie per Post in Alters- und Pflegeheime.
Menschen organisieren Telefondienste, damit jene einen Anruf erhalten, die allein und einsam sind.
Und ich spüre, wie der Zusammenhalt wächst, obwohl wir nun vereinzelt und auf Abstand leben müssen.
Freunde schicken mir Nachrichten mit Segensworten. Bekannte rufen mich an, um zu fragen, wie es mir geht.
In jeder E-Mail lese ich einen guten Wunsch, in jedem Gruß – quer über die Straße gerufen – spüre ich Verbundenheit.
In jeder Bemühung, den Abstand zu wahren, erlebe ich Fürsorge und Nächstenliebe.

›Denn er hat seinen Engeln befohlen,
dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.‹

V.
Ich glaube an Engel, ja.
Ob sie einen Heiligenschein und Flügel haben?
Oder doch Arme und Beine, zwei Ohren, einen Mund und eine Nase?
Geschenkt.
Ob sie ‚Rosa‘ heißen oder Prof. Dr. Sowieso?
Ob sie den Namen Deiner Nachbarin tragen oder den Deines Freundes, der jeden Tag besorgt anruft?
Egal.

Ich glaube an Engel, weil ich an Gottes Wirken in dieser Welt glaube.
Ich glaube, dass Er da ist – bei dir, bei mir, bei uns allen.
Ja, ich glaube, Gott ist da.
Und an seine Engel, die trösten, Kraft schenken, Mut machen, Angst nehmen.
Daran halte ich mich fest.

Mitten in der Angst – Trost.
Mitten in der Angst – ein Lächeln.
Mitten in der Angst – helfende Menschen.
Mitten in der Angst – Solidarität und Nächstenliebe.
Das gibt es ja alles.

Trotz Corona.
Mancherorts auch gerade wegen Corona.

Mitten in der Angst – Gott selbst und seine Engel.
In mir, vor mir, hinter mir, neben mir.
Auch in den Menschen, denen ich begegne.
(Auf Abstand, am Telefon, per Mail.)

So geht es auch.

›Denn er hat seinen Engeln befohlen,
dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.‹

Das glaube ich gewiss.«

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